„Ich arme Jungfer zart,
hätt ich doch eine Idee
zum König Drosselbart!“
So lamentierte Emme, als sie das ausgeloste Märchen
erfuhr, zu dem sich jede/r über 18jährige ein Mach-es-selber-Projekt ausdenken
und dann ab 1. April in Maikas Sammlung veröffentlichen kann.
Dabei bietet das Märchen schöne Ideen zum
Selbermachen: eine Reihe prächtig geschmückter Könige, Herzöge und Edelleute.
Kleider für Bettler und Küchenmägde. Man könnte Instrumente bauen, Körbe
flechten, spinnen und töpfern. Das Märchen bietet zerbrochenes Geschirr!
Aber zu all diesen Tätigkeiten hatte Emme keine Lust.
Warum sollte sie fremde Edelleute mit prächtigen Kleidern ausstatten? Ihr Instrument
ist fertiggebaut und sie muß nur üben. Körbe hat Emme genug. Da sollte sie
lieber einige abschaffen oder verschenken. Zum Spinnen fehlt ihr die Geduld.
Töpfern? Nein, danke. (Vor dreißig Jahren war Emme ganz scharf darauf, heute
nicht mehr.) Zerbrochenes Geschirr hat sie im letzten Jahr zweimal produziert. Hier und hier sind die Decken zu sehen. Es liegt sogar noch etwas in der UFO-Kiste, aber das wollte sie
jetzt nicht fertigstellen.
Und da Emme beim Straßenbahnfahren die besten Einfälle
hat, kam sie eines Tages mit einer Idee nach Hause:
Es gibt die Sage, daß Leopold I., der Alte Dessauer, das
historische Vorbild für den Reiter war, der den Scherbenritt durchführte und
den Marktweibern die Ware zerbrach. Bitte hier nachlesen.
Und da in diesem Jahr das letzte Leopoldsfest in Dessau
über die Bühne gehen soll, gab es einen Aufruf an Freund und Feind, sich doch
noch einmal zu versammeln:
Fürstliche Depesche
Wir entbieten den Herren Commandeuren, Officiers, Unterofficiers, Kerrels, gleichwohl den Messieurs und Mesdames Unsere Grüße und tuen kund um zu wissen, so Wir in kommendem Jahr Anno 2020 nach 15 Jahren letztmalig das ,,Leopoldsfest,, begehen wollen.
Immer war es Unsere Absicht dies im 71. Lebensjahr als Darsteller meines großen Vorbildes tun zu wollen. Nun bitte ich Alle deshalb recht herzlich, kommt zu Unserem letzten Feste nach Dessow (...) Wir versprechen Euch auch Uns noch einmal, gleich wie zu Kesselsdorf, Uns in die Schlacht zu werfen(...) Alle Troupen sollen kommen, ohn Unterschied ob Feund, ob Feind, so wollen wir außerhalb des Schlachtfeldes ein letztes Mal gute Kameraden seind(..)
Seid Unserer Affection stets gewiss. Leopold l. Fürst zu Anhalt Generalfeldmarschall und würklicher geh. Kriegsrath S.M.K. ect. ect.
gegeben zu Potsdam im August anno 2019
Nun ja, die Sachsen zählen dann mal zu den Feinden,
auch wenn uns keine Schlacht wie in Kesselsdorf erwarten wird. Viele Jahre lang
sind die Tanzbeinschwinger und Emme zum Leopoldsfest gefahren und haben dem
militärischen Treiben eine zivile Note entgegengesetzt. Und sind als Freunde
behandelt worden.
Deshalb wird Emme beim letzten Fest Farbe bekennen
und ihre Schärpe in Sächsischen
Landesfarben tragen. Ursprünglich hergestellt für eine einzige Ballnacht, in
der Emme als „Weckerbär“ beim Maskenball erschien.
Foto: Rahel |
Dann trug Emme die Schärpe
nochmals im letzten Jahr beim „Barocken Intermezzo“ des Lustgondelns anno 1719.
Da entdeckte Emme, daß die Schärpe ein wenig schäbig daherkam, sie war ja ein
Faschingskostüm…
Nun war also der Anlaß gekommen, die Schärpe aufzuhübschen.
Emme suchte einen Rückstoff. Satin wäre gut gewesen, war
aber leider nicht zu finden. Der kriecht hervor, wenn das Projekt beendet ist.
Emme entschied sich für ein Stück Rolltuch, wahrscheinlich nicht nur alt,
sondern antik.
Wenigstens rutscht dann die Schärpe nicht ganz so oft von der
Schulter. Emme verstärkte alles noch mit Bügelvlies, nähte dann die Streifen
rechts auf rechts und stülpte alles um. Auch die kurzen Seiten schloß sie mit der Maschine. Fertig!
Nein, nicht fertig. Der „Pfiff“ fehlt.
Während der nächsten Straßenbahnfahrt dachte Emme über Verschönerungen nach. Die Idee: Fransen anknüpfen! Gut, daß
Emme aus einer Makramee-Familie kommt! Trotzdem hat sie das seit Jahren nicht
mehr gemacht. Emme holte ein Büchlein heraus und stellte ein Probestück aus
Paketschnur her. Was kam raus? Die Erkenntnis, daß Emme Rippenknoten gar nicht
leiden kann!
Ab in die Tonne! |
Für die Fransen mußten Stickgarne aus der übervollen
Kiste herhalten, die noch in einem anderen Land hergestellt wurden.
Emme zog
sie an den schmalen Enden der Schärpe ein und verwendete Kreuzknoten.
Das
dauerte zwar länger als gedacht, aber sooo schlecht ist das nicht geworden.
Bei historischen Gewändern haben die Form und die
Anzahl der Knoten eine bestimmte Bedeutung. Aussagen zu Stand und Herkunft, zu
Familienstand und Besitzverhältnissen. Dieses Wissen ist heute weitgehend
verlorengegangen. Wenn Emme mal Zeit und Lust hat, wird sie sich hinsetzen und ein bißchen recherchieren. Wenn…
Und zum Schluß:
Ob der berühmte Scherbenritt überhaupt möglich ist,
könnt Ihr in dieser mdr-Dokumentation sehen. In der Mediathek ist sie nicht mehr abrufbar. Aber vielleicht gibts mal eine Wiederholung?
Nun freuen wir uns auf das letzte Leopoldsfest, auf
ein Treffen mit dem Alten Dessauer und wir alle schwören, daß wir kein
zerbrochenes Geschirr hinterlassen werden! Vielleicht sehen wir uns dort?
Hase und Emme
Ach was für eine schöne Geschichte! Ich hab mich köstlich amüsiert!
AntwortenLöschenToll die Schärpe und die kunstvolle Verknüpfung!
Liebe Grüße, Marita
Hahaha, eine köstliche Geschichte. Vielen Dank dafür. Die Knüpferei sieht klasse aus!
AntwortenLöschenViele Grüße
Anni
Das ist ja eine interessante Sache. Das Leopoldsfest kenne ich nur vom Hörensagen.
AntwortenLöschenDie Fransen an der Schärpe finde ich gut gelungen. Vermutlich franst es ein bisschen aus, aber es ist ja das letzte Leopoldsfest... ;-)
LG
Elke
Eine schöne Geschichte, vom Leopoldsfest habe ich tatsächlich noch nichts gehört. Umso interessanter. Ja, mit dem Märchen ging es mir am Anfang ganz ähnlich. Eine Glück für die Schärpe, die sieht richtig toll aus mit der Knüpferei.
AntwortenLöschenLiebe Grüße Sandra
Oh was für eine schöne Idee und Umsetzung. Einfach toll. Ich drücke fest die Daumen, dass alle geplanten Feste stattfinden können. Bleibt schön gesund. Viele liebe Grüße maika
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