Bildung ist alles! Also fuhren wir nach dem Ball in
Burgscheidungen nicht sofort nach Hause, sondern besichtigten noch verschiedene
Dinge:
Weischütz
In diesem Dorf bei Freyburg fanden wir herzliche und
unkomplizierte Aufnahme. Vielen Dank!
Hier gibt es alles, was das Landleben so richtig
interessant macht: fleißige Bewohner und neidische Nachbarn, eine schöne
Sitzgelegenheit und Feuerstelle am Flußufer, ein Friedhof voller Menschen, wenn
eine alte Dorfbewohnerin zu Grabe getragen wird, ein altes Herrenhaus, ein Bus,
der zweimal am Tage fährt (außer am Wochenende) und mittendrin eine ganz, ganz
alte Dorfkirche.
Im Lauf der Jahrhunderte oftmals umgebaut war sie am
Ende der achtziger Jahre fast völlig verfallen. Tatkräftige Bürger retteten
sie. Im Turm wohnen nun die kleinen Falken.
Was der Okulus -der eine mittelalterliche 4
darstellen soll- bedeutet, weiß heute niemand mehr. Ein Rätsel der Geschichte.
Innen fand Emme diesen tollen Christus (über diese
Figur gab es leider keine Informationen),
ein holzvertäfeltes Tonnendach
und Fundstücke von den Restaurationsarbeiten.
Liebe Weischützer, vielen Dank für Eure
Gastfreundschaft! Möge der Wein wachsen und der Tourismus gedeihen, wir
wünschen Euch alles Gute!
Freyburg
Bitte nicht verwechseln mit Freiburg oder Freiberg!
Eine kleine Stadt inmitten von Weinbergen, die nach Emmes Meinung eher Krätzer
hervorbringen. Es gibt schon ewig lange eine Sektkellerei, deren Name an eine
Märchenfigur erinnert. Früher war der Sekt Bückware, jetzt kann man ihn überall
kaufen. Furore machte diese ostdeutsche Firmavor einigen Jahren, als sie eine
(west)deutsche Sektkellerei übernahm. Eine Besichtigung ist nur nach
Voranmeldung möglich, das haben wir verpaßt. Deshalb ergingen wir uns im
Städtchen.
Das Portal
und die Türme von St. Marien sehen sehr
verheißungsvoll aus, aber am Sonntag öffnet die Kirche erst nachmittags.
Schade.
In der Stadt gibt es Häuser aus allen Epochen, sehr
schön und teilweise totsaniert.
Dazwischen eine „Bruchbude“ zu sehen, ist eine
regelrechte Wohltat.
Neu für uns war, daß Freyburg die Geburtsstadt von
Friedrich Ludwig Jahn ist. Der Turnvater wird verehrt und dabei geflissentlich
vergessen, daß er als Kind seiner Zeit ein großer Nationalist war.
Den Rest des Tages hätten wir auch in diversen
Weinstuben verbringen können, aber wir fuhren auf den Berg zum
Schloß
Neuenburg.
Das ist eine riesengroße, in Jahrhunderten
gewachsene Anlage. Sie gehörte den Thüringischen Landgrafen und später den
Sächsischen Kurfürsten. Jetzt hat das Land Sachsen-Anhalt alles an der Backe
und muß die Sanierungskosten tragen.
Der Bergfried trägt den schönen Namen „Dicker
Wilhelm“. (Ist er ein wenig schief?)
Er beherbergt eine Sonderausstellung über
dieses Männlein, genannt „Haingott“.
Forscher haben verschiedene Thesen
aufgestellt, woher er kommen könnte. Und indem der Besucher im Bergfried immer
höher steigt, arbeitet er die Thesen ab. Für jede gibt es gute Gründe. Das
Erfrischende an der Ausstellung ist, das alles richtig sein kann und alles
falsch. Im Begleitheft werden die Besucher aufgefordert, „zur Rätsellösung
beizutragen“. Und wenn man tapfer durchhält und ganz oben im Dach angekommen
ist, kann man weit ins Land schauen und die Aussicht genießen.
Später standen wir vor dem Schloßeingang und konnten
den Haingott an dem Ort besichtigen, wo er seit 700 Jahren klebt/ hängt.
Im Schloß gibt es eine Doppelkapelle: unten fürs
Volk,
oben fein verziert für die „besseren Leute“.
Das Priesterlein und später
der Herr Pfarrer brauchten nur einmal die Messe zu lesen/ den Gottesdienst zu
halten. Durch eine Klappe im Boden war eine akustische Verbindung geschaffen.
In dem riesigen Schloß gab es noch mehr zu sehen:
eine „Kurze Geschichte der Latrinen“,
ein Abriß über die Abstammung der
Landgrafen von Thüringen, Fundstücke aus dem Schloß,
etwas über die Heilige
Elisabeth von Thüringen, Porzellan, ein barockes Empfangszimmer
und am Ende
kamen wir fast im 20. Jahrhundert an. Da gab es dann andere königliche
Vorbilder.
Emme fand die Fundstücke aus dem „Angstloch“ am
spannendsten. Das ist eine vielhundertjährige Abfallgrube. Deshalb können
Archäologen sagen, was es zu essen gab.
Die Tontöpfe hätten wir wieder zusammengeklebt, zu
schade zum Wegschmeißen.
Emme, bitte daran denken: Weg damit!
Dann rief uns die elektronische Brieftaube ins
Spielzimmer. Auf Museumsneudeutsch: die „Kinderkemenate“. Hier trafen wir gute
Freunde und am Schluß spielten sechs erwachsene Leute voller Wonne neue und
alte Spiele, die die Museumspädagogen eigentlich für jüngere Menschen
zusammengetragen hatten. Den Höhepunkt bildete eine Fotosession auf dem
(nachgebildeten) Thron als Landgrafen von Thüringen und ein Ritt auf
Holzpferden.
Der schönste Kommentar kam von Anja: „Wir haben
gelacht, also war das kein verlorener Tag.“
Zum Abschluß schmausten wir noch im Restaurant des
Schlosses, wo es spannende Gerichte wie „Henkersmahlzeit“ und
„Burgfräuleinsalat“ gab. Und nach viel Spaß und Gequassel (man sieht sich ja
nur einmal in der Woche) fuhren wir glücklich und müde nach Hause.
Emme, fahren wir da noch mal hin?
Klar, Hase! Es gibt im Unstruttal noch so viel zu
sehen!
Lachen ist gesund!
Euer Hase