Freitag, 1. November 2019

1719 Hochzeit reloaded: Lustgondeln


Tatsächlich kam die junge Habsburgische Braut 1719 auf dem Wasser an. Zumindest auf der letzten Strecke von Pirna nach Dresden mußte sie sich den Hintern nicht in der Kutsche wundsitzen, denn Reisen war vor 300 Jahren auch für Erzherzoginnen kein Zuckerschlecken. Dieser Einzug wurde im August nachempfunden, es gab eine Wasserparade mit (fast) allem Drum und Dran.
Da die Tanzbeinschwinger und Emme für die Pillnitzer (Trink- und Pipi-Pause) zuständig waren, können wir nur weitererzählen, was andere an anderen Plätzen erlebt haben.
In Pirna gab es ein Fest für die Bürger, die „Verabschiedung des Brautpaares“ durch den Bürgermeister, viel militärhistorische Begleitung und Kanonendonner bei der Abfahrt. Zuschauer erzählten, daß ganz viele Leute unterwegs waren und alles sehr beeindruckend war.
Auch in Pillnitz waren ganz, ganz viele Leute und Emme stellte sich trotz Muffensausen auf die Löwenkopfbastei und erzählte den Leuten, was es mit der Fürstenhochzeit auf sich hatte.
Daß es sich nicht um die Hochzeit Augusts des Starken handelte, sondern um die seines Sohnes. (Ein paar Journalisten hatten das mal wieder falsch verstanden.) Über die politische Bedeutung. Über das Reisen vor 300 Jahren. Über den Prunk und den Aufwand der Feierlichkeiten. Über die Bedeutung der Planetenfeste. Über barocken Tanz und Reenactment. Über…
Welche Jubelrufe gerufen wurden. Wie man eine Réferance ausführt. Wie man einen König begrüßt und daß Mann bitte den Hut abnehmen möge. (Was die Herren letztendlich doch nicht taten...)
Nachdem sich Emme den Mund fusslig geredet hatte, traf die Wasserparade trotz aller Unwägbarkeiten und Niedrigwasser fast pünktlich ein. Es war schon ein toller Anblick, als die Prunkboote die Elbe entlanggegondelt kamen.




Vornweg ein Spielmannszug verteilt auf zwei Drachenboote. Die jungen Leute spielten synchron, eine beeindruckende Leistung! Beim „Original“ vor 300 Jahren musizierte übrigens die Staatskapelle, der war das diesmal wohl zu trivial.
Das Brautpaar, der König und die Kurfürstin samt Gefolge trafen ein. Die Schauspieler und die Tanzbeinschwinger unterhielten das Publikum mit viel Spaß und guter Laune. Zwischendurch wurde noch ein kleiner Junge gefunden, der seinen Opa Klaus suchte. Und fast wäre Emme am Abend ohne mich, sondern mit einem Kind nach Hause gegangen!



Nach dem Programm begaben sich die Herrschaften wieder auf die Schiffe, um weiter in Richtung Altstadt zu gondeln. Das Timing war perfekt, denn beim Ablegen hatten sie nur acht Minuten Verspätung. Pünktlicher als die Bahn!
Alle waren glücklich, durchgeschwitzt und wankten in Richtung Umkleidemöglichkeit.
Und dann kam der Hammer: Die Schlösserverwaltung verlangte, daß alle Rosenblüten, die für das Brautpaar gestreut worden waren, entfernt wurden. Weil die Bauwerke dadurch kaputtgehen. Emme ging wutentbrannt zur nächsten Pension, wo sie freundlicherweise einen Besen erhielt. (Denn die Verwaltung verlangt zwar Sauberkeit, aber einen Besen hat sie nicht. Oder stellt ihn nicht zur Verfügung. Könnte ja dreckig werden.)
Jedenfalls hat Emme dann bei 35°C im Schatten noch die Löwenkopfbastei gereinigt. Und hat sie sauberer hinterlassen, als sie sie vorgefunden hat. Und sie hat der Tante von der Schlösserverwaltung ein paar sehr böse Worte übermitteln lassen.

Emme, Deine Worte waren wirklich unfein!
Stimmt, Hase. Aber das macht in diesem Fall mal gar nichts. Mit anderen Worten wäre nichts in den Köpfen angekommen. Wir haben dem Schlösserland Sachsen mehrere hundert Besucher außer der Reihe beschert. Und haben statt einem Dankeschön einen Ansch…ß bekommen. Die sollen mal nachdenken, von wessen Steuergeldern ihre Gehälter finanziert werden.

Und wie ging die Fahrt weiter?
Was wir wissen: Die Wasserparade wurde auf ihrem weiteren Weg von einem Dampfer begleitet.




In der Altstadt gingen die Hauptdarsteller an Land und fuhren mit Kutschen zum Altmarkt und zum Zwinger.
Was wir erzählt bekamen: Da war gar keine Braut dabei! (Wieso? In Pillnitz ist sie auf jeden Fall abgefahren. Hatte sie sich wegen der Hitze oder aus Verzweiflung ins Wasser gestürzt?) Des Rätsels Lösung: Das Publikum hatte wahrscheinlich auf eine weißgewandete Braut mit Spitzen und Schleier gewartet. Das trug man aber vor 300 Jahren nicht. Die „weiße“ Braut ist eine Erfindung des 20. Jahrhunderts. Die Braut der Wasserparade trug rot. Natürlich hätte das jemand dem Publikum erklären müssen. Nicht weil die Leute doof sind, sondern niemand alles wissen kann. Aber an einen Moderator haben die Veranstalter nicht gedacht. Oder er hätte Geld gekostet…

Emme, jetzt ist es aber höchste Zeit, das wir „Danke!“ sagen!
Stimmt, Hase.

Vielen Dank an die Hoftanzgesellschaft des Schlosses Friedrichsfelde für die tolle tänzerische Unterstützung!
Danke an die Organisatoren des Lustgondelns in Pirna, Pillnitz und auf dem Wasser!
Danke an Sylvie für Fotoaufnahmen!
Danke an Herrn Wenzel für ein schattiges Plätzchen und das Zurverfügungstellen eines Besens.
Danke an Opa Klaus für das Abholen des Kleinen. Sonst würde ich nicht mehr die Hauptrolle in Emmes Leben spielen.
Danke an Peter und Matthias vom Eisgarten Huß, die uns mit ihrem Eiswägelchen vor dem absoluten Hitzekollaps bewahrten.
Danke an Amrei und Jürgen von den Spielewelten, die uns eine Umkleidemöglichkeit anboten.

Haben wir jemanden vergessen?
Wenn uns nachträglich noch jemand einfällt, aktualisieren wir diesen/s Post.

So und nun ist Schluß mit unserem Bericht vom Lustgondeln anno 1719.

Ahoi!
Euer Hase 


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