Montag, 4. November 2019

Der Zuckertütenbaum


Frau Schumann war einige Jahre lang die Ergotherapeutin von Emmes Mutter. Wie auch immer sie es angestellt hat: Emmes Mutter kann wieder schreiben und Geschichten erzählen, bei denen sie Anfang und Ende nicht verwechselt. Auch Rechnen klappt wieder gut, aber die Zahlen schreibt sie noch verdreht auf. Das liegt aber an unserer Muttersprache, in keiner anderen Sprache nennt man zuerst die Einer und dann die Zehner. Auf jeden Fall ist es sehr erstaunlich, was ein Schlaganfall im Gehirn anrichten kann, wie es sich wieder regeneriert und wie ein guter Therapeut dabei unterstützen kann. Die ganze Familie ist Frau Schumann sehr dankbar, daß sie sich so lange Zeit so engagiert und geduldig um das Mütterlein gekümmert hat.
Nun will Frau Schumann etwas Neues wagen und setzt sich noch einmal auf die Schulbank. Deshalb hat Emme ihr einen Zuckertütenbaum gebastelt, um ihr den neuen Lebensabschnitt ein wenig zu versüßen.
Emmes Grundidee war, einen kleinen künstlichen Baum zu kaufen, ein paar niedliche Zuckertüten dranzubaumeln und fertig! Tja, wenn es doch nur so einfach gewesen wäre…
Emme durchforstete die einschlägigen Schnulli- und Dekoläden. Es gab keine künstlichen Bäumchen. Oder die waren so teuer und gleichzeitig so häßlich, daß Emme fast aus den Latschen gekippt wäre. Echte Bäumchen gabs auch, aber die waren im Laden schon vertrocknet. Da braucht man/frau jemanden mit fünf grünen Daumen, um die wieder aufzupäppeln. Also blieb nur das alte Spiel: Selbermachen!
Emme lief an einem windigen Tag einmal ums Haus und sammelte einen Ast mit vielen Abzweigungen ein, nicht soooo schön, aber selten.



Die Rinde schnitzte sie weitgehend ab.



Damit der Ast stehen kann, hätte sie einen Übertopf mit Gips füllen können, aber Gips gabs nur als Großpack zu 10 Kilo. Oder ganz klein für Babyfußabdrücke zu völlig fantastischen Preisen.
Also zog Emme nochmals los und kaufte eine Glasvase und Dekosteine.



Außerdem wollte sie noch irgendeine grüne Blättergirlande mitnehmen, die es auch nicht gab.
Wieso gibt es das alles eigentlich nicht?
Emme, Dein Problem ist das azyklische Einkaufen. Kauf doch das, was Mode ist und was alle kaufen! Das „Laub“ hattest Du schon bei den Maikäfereien verbastelt!
Der seltsame Ast stand ganz wunderbar in der Glasvase, die mit den Dekosteinen beschwert war, dieses Problem war also gelöst.
Die Blätter schnitt Emme aus einem Stück Stoff, den sie einst zur Jugendweihe(!) geschenkt bekommen hatte.




Damals war daraus ein auffälliges Kleid entstanden, viele Jahre wurde es getragen, dann wurde es aufgetrennt und verschwand in der Stoffrestekiste. Die Blätter klebte Emme mit Universalkleber mehr schlecht als recht an die Äste und Zweiglein.



Die Zuckertüten mußte Emme mal ausnahmsweise nicht selber basteln, die gab es tatsächlich zu kaufen. Gefüllt wurden sie mit Gummibären in Minitüten, wegen der Haltbarkeit. Zum Aufhängen plünderte Emme noch die Schleifenkiste, uff, endlich fertig!



Eigentlich war der Zuckertütenbaum als kleines Bastelprojekt für Zwischendurch geplant. Alles hat viel länger gedauert und die vergeblichen Einkaufstouren waren frustrierend.
Aber: Frau Schumann hat sich gefreut!



Vielen, vielen Dank für Ihre tolle Arbeit! Wir wünschen Ihnen bei der Ausbildung viel Freude und Erfolg und danach einen neuen tollen Beruf!

Hase und Emme

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