Montag, 11. November 2019

Im Oktober im Kino: Nurejew- The White Crow oder Besser als Valium (?)




Hier ist ja nicht nur ein Reise- und Nähblog, manchmal geht es ja auch ums Tanzen. Da bot es sich natürlich an, den Film über Nurejew anzusehen und hier im Rahmen des Kinojahres ein paar Worte zu verlieren. 
Gut, wir wußten nicht, daß die Geschichte über Nurejews „Flucht“ in den Westen dem breiteren Publikum nicht so geläufig ist. Aber wie soll denn bitteschön ein Sowjetbürger sonst in den Westen gekommen sein? Da blieb nur ein Dortbleiben während eines Gastspiels…
Der „Jahrhunderttänzer“ galt als technisch gar nicht so brillant, hatte aber das „gewisse Extra“, das dazu führte, daß ihm das Publikum zu Füßen lag. Wir wollten uns überraschen lassen, was das Kino daraus macht.
Ehrlicherweise: Nichts Halbes und nichts Ganzes. Keinen Ballett- und keinen Fluchtfilm, keine Biographie und keinen Liebesfilm. Von allem was. Ein bißchen Sinnsuche, aber auch nicht konsequent.
Die Tanzszenen waren ordentlich getanzt, aber das Außergewöhnliche dieses Mannes kam nicht rüber. Ein paar Wutanfälle, aber warum das von allen toleriert wurde, wird nicht erklärt. (Normalerweise fliegen solche Menschen schon in der Ballettschule raus.)
Drei Szenen fielen auf:
●In einem Pariser Nachtclub haucht eine wunderschöne Sängerin „J`ai deux amours“ ins Mikrofon.
●Der KGB-Mann verplappert sich und Nurejew und das Kinopublikum merkt, daß es ihm jetzt wirklich und wahrhaftig an den Kragen geht. Der einzige emotionale Moment im Film.
●Der kleine Rudi tanzt einen tatarischen Tanz.
Der Film wurde fürs deutsche Publikum vollständig synchronisiert. Das Original ist dreisprachig: Englisch, Russisch und Französisch. Schade, das Sprachengewirr hätte uns einen Riesenspaß gemacht. Und zwei Drittel hätten wir auch ohne Untertitel verstanden.
Nun kommt das Empörendste: Im Abspann werden sogar die Second Assistent Bus Driver (Serbia) genannt, aber nicht der Choreograph/ die Choreographen. Ebenso nicht zu finden auf der deutschen offiziellenWebseite des Filmes. Emme hätte ja nur zu gern gewußt, ob die Originalchoreographien in der Leningrader oder Moskauer Variante gezeigt wurden. Sie hat nämlich immer nur den Mädchenkram gelernt.

Da sieht man mal, wie ernst unser Beruf, unsere schöpferische Leistung und dabei auch unser geistiges Eigentum genommen wird!
Also in den amerikanischen Kritiken bei Rotten Tomatoes steht, daß der Choreograph Johan Kobborg heißt. Und in der Wikipedia steht es jetzt auch.
Der hat aber garantiert nicht die klasssischen Ballettvariationen choreographiert! Ich schmeiß auch gleich mit Tomaten!

Am Rande der Geschichte begegnen uns Menschen mit völlig verrückten Biographien. Vielleicht wären Filme über Teja Kremke (eigentlich Teja-Knut Kremke), Pierre Lacotte oder Clara Saint viel interessanter geworden?
Fazit: Ein Film für einen regnerischen Herbstabend. Wer sich mit Ballett und Ballettgeschichte auskennt, erfährt nicht wirklich Neues. Der Film reißt nicht aus dem Kinosessel, ist nicht gut, ist nicht schlecht, aber es war trotzdem schade um unsere Zeit. Zwei Stunden Training wären besser gewesen.

Nicht tanzen gucken, selber tanzen!
Euer Hase

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