Hier
ist ja nicht nur ein Reise- und Nähblog, manchmal geht es ja auch
ums Tanzen. Da bot es sich natürlich an, den Film über Nurejew
anzusehen und hier im Rahmen des Kinojahres ein paar Worte zu
verlieren.
Gut,
wir wußten nicht, daß die Geschichte über Nurejews „Flucht“ in
den Westen dem breiteren Publikum nicht so geläufig ist. Aber wie
soll denn bitteschön ein Sowjetbürger sonst in den Westen gekommen
sein? Da blieb nur ein Dortbleiben während eines Gastspiels…
Der
„Jahrhunderttänzer“ galt als technisch gar nicht so brillant,
hatte aber das „gewisse Extra“, das dazu führte, daß ihm das
Publikum zu Füßen lag. Wir wollten uns überraschen lassen, was das
Kino daraus macht.
Ehrlicherweise:
Nichts Halbes und nichts Ganzes. Keinen Ballett- und keinen
Fluchtfilm, keine Biographie und keinen Liebesfilm. Von allem was.
Ein bißchen Sinnsuche, aber auch nicht konsequent.
Die
Tanzszenen waren ordentlich getanzt, aber das Außergewöhnliche
dieses Mannes kam nicht rüber. Ein paar Wutanfälle, aber warum das
von allen toleriert wurde, wird nicht erklärt. (Normalerweise
fliegen solche Menschen schon in der Ballettschule raus.)
Drei
Szenen fielen auf:
●In
einem Pariser Nachtclub haucht eine wunderschöne Sängerin „J`ai
deux amours“ ins Mikrofon.
●Der
KGB-Mann verplappert sich und Nurejew und das Kinopublikum merkt, daß
es ihm jetzt wirklich und wahrhaftig an den Kragen geht. Der einzige
emotionale Moment im Film.
●Der
kleine Rudi tanzt einen tatarischen Tanz.
Der
Film wurde fürs deutsche Publikum vollständig synchronisiert. Das
Original ist dreisprachig: Englisch, Russisch und Französisch.
Schade, das Sprachengewirr hätte uns einen Riesenspaß gemacht. Und
zwei Drittel hätten wir auch ohne Untertitel verstanden.
Nun
kommt das Empörendste: Im Abspann werden sogar die Second Assistent
Bus Driver (Serbia) genannt, aber nicht der Choreograph/ die
Choreographen. Ebenso nicht zu finden auf der deutschen offiziellenWebseite des Filmes. Emme hätte ja nur zu gern gewußt, ob die
Originalchoreographien in der Leningrader oder Moskauer Variante
gezeigt wurden. Sie hat nämlich immer nur den Mädchenkram gelernt.
Da
sieht man mal, wie ernst unser Beruf, unsere schöpferische Leistung
und dabei auch unser geistiges Eigentum genommen wird!
Also
in den amerikanischen Kritiken bei Rotten Tomatoes steht, daß der
Choreograph Johan Kobborg heißt. Und in der Wikipedia steht es jetzt auch.
Der
hat aber garantiert nicht die klasssischen Ballettvariationen
choreographiert! Ich schmeiß auch gleich mit Tomaten!
Am
Rande der Geschichte begegnen uns Menschen mit völlig verrückten
Biographien. Vielleicht wären Filme über Teja Kremke (eigentlich Teja-Knut Kremke), Pierre Lacotte oder Clara Saint viel interessanter
geworden?
Fazit:
Ein Film für einen regnerischen Herbstabend. Wer sich mit Ballett
und Ballettgeschichte auskennt, erfährt nicht wirklich Neues. Der
Film reißt nicht aus dem Kinosessel, ist nicht gut, ist nicht
schlecht, aber es war trotzdem schade um unsere Zeit. Zwei Stunden
Training wären besser gewesen.
Nicht
tanzen gucken, selber tanzen!
Euer
Hase
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