Samstag, 23. November 2019

Reparieren: Rucksack (enthält Werbung)


Einst erhielt Emme einen Rucksack von einer Patientin. „Sie fahren ja so viel mit dem Fahrrad, da können sie den doch gut gebrauchen!“ Der Rucksack war zwar gebraucht, aber er gefiel Emme sehr gut, denn er war originell und genau in diesem Blau, das Emme mag und ihr soooo gut steht. Und er hatte eine Innenkonstruktion wie eine DDR-Kraxe. Cool! So eine hatte sie noch im Schottland-Urlaub 1995 durch die Welt getragen. Emme dachte für sich: „Das es sowas heutzutage noch gibt…“


Nach einigen Radfahrerjahren mußte Emme an der Schulter operiert werden. Deshalb verschwand der Rucksack für einige Zeit in der Taschen-Kommode und Emme suchte ihn nur für Reisen raus.
Zuletzt zu Ostern, um nach Roses zu fahren. Wie immer, wenn man unterwegs ist und Streß hat und vom Bus zur Metro und zum Flug und dann zum Zug und zum Bus muß, das Mobiltelefon seinen Geist aufgegeben hat und man zwischen germanischen, slawischen und romanischen Sprachen hin- und herhüpft, dann passiert das Furchtbare: der Rucksack ging kaputt! Besser gesagt: Der Tag war angebrochen, an dem sich alle Nähte gleichzeitig auflösten. Der Rucksack zerfiel regelrecht in seine Einzelteile und die Stoffränder lösten sich systematisch auf.








Irgendwie schaffte es der Rucki wieder nach Hause. Angesichts seines jämmerlichen Zustandes wäre er unweigerlich im Müll gelandet, aber für Emme gab es keine Frage: Rucki ist originell und blau und muß gerettet werden!
Im Sommer nahm sich Emme Zeit, sie entfernte das Gestell und wusch den Rucksack gründlich. Sie inspizierte alle Nähte und dann fand sie die Ursache ihrer Liebe zu Rucki:


 


Der Rucksack sah nicht nur aus wie eine DDR-Kraxe, er war/ist eine DDR-Kraxe! Nur eine Portion kleiner!✷
Emme mußte am Vorderteil Stoff ersetzen, dazu benutzte sie Reste der Plastik/Plaste-Jacke ihres Bruders. Alle Stoffteile wurden, so gut es ging, abgezackelt, um weitere Auflösungserscheinungen zu verhindern. Alle erreichbaren Nähte wurden nachgenäht. Das dauerte lange und war friemelig. Am Ende baute Emme das Metallgestell wieder ein.





Ein neues Leben für einen Rucksack, fast 30 Jahre nach dem Untergang des Landes, in dem er hergestellt wurde.

Rucki können wir also wieder mit an die Costa Brava nehmen.
O toll, Emme! Fahren wir da wieder hin?
Angemeldet sind wir beide.

Auf zu neuen Abenteuern! Hoffentlich geht unterwegs nichts kaputt!
Euer Hase

Verlinkt bei Valomeas lustiger Reparaturaktion „Reparieren von 12 bis 12“.


Pouch ist ein kleiner Ort an der Goitsche. Emme und ich sind in den letzten Jahren zigmal dort durchgefahren. Erst bei der Recherche für diesen Artikel haben wir erfahren, daß hier tatsächlich die berühmten Faltboote der Marke Pouch hergestellt wurden/werden. Alle Paddler in Ost und viele Paddler in West waren auf einem „Pouch“ unterwegs. Auch Emme und ihr Bruder in der Feldberger Seenlandschaft.
Daß die Firma noch existiert, ist fast ein Wunder. Wir müssen da mal gucken gehen!
Ja, das wäre schön!




1 Kommentar:

  1. Was für eine schöne Reparatur-Geschichte! Man darf bei solchen Sachen ja nicht darüber nachdenken, wieviel Zeit sie brauchen - da ist jede Minute eine Ivestition in die Erinnerung.
    Es war sehr schön, darüber zu lesen, denn auch ich habe noch im Geist die DDR-Kraxe auf dem Rücken.
    LG
    Elke

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