Einst
erhielt Emme einen Rucksack von einer Patientin. „Sie fahren ja so
viel mit dem Fahrrad, da können sie den doch gut gebrauchen!“ Der
Rucksack war zwar gebraucht, aber er gefiel Emme sehr gut, denn er
war originell und genau in diesem Blau, das Emme mag und ihr
soooo gut steht. Und er hatte eine Innenkonstruktion wie eine
DDR-Kraxe. Cool! So eine hatte sie noch im Schottland-Urlaub 1995
durch die Welt getragen. Emme dachte für sich: „Das es sowas
heutzutage noch gibt…“
Nach
einigen Radfahrerjahren mußte Emme an der Schulter operiert werden.
Deshalb verschwand der Rucksack für einige Zeit in der
Taschen-Kommode und Emme suchte ihn nur für Reisen raus.
Zuletzt
zu Ostern, um nach Roses zu fahren. Wie immer, wenn man unterwegs ist
und Streß hat und vom Bus zur Metro und zum Flug und dann zum Zug
und zum Bus muß, das Mobiltelefon seinen Geist aufgegeben hat und
man zwischen germanischen, slawischen und romanischen Sprachen
hin- und herhüpft, dann passiert das Furchtbare: der Rucksack ging
kaputt! Besser gesagt: Der Tag war angebrochen, an dem sich alle
Nähte gleichzeitig auflösten. Der Rucksack zerfiel regelrecht in
seine Einzelteile und die Stoffränder lösten sich systematisch auf.
Irgendwie schaffte es der Rucki wieder nach Hause. Angesichts seines jämmerlichen Zustandes wäre er unweigerlich im Müll gelandet, aber für Emme gab es keine Frage: Rucki ist originell und blau und muß gerettet werden!
Im
Sommer nahm sich Emme Zeit, sie entfernte das Gestell und wusch den
Rucksack gründlich. Sie inspizierte alle Nähte und dann fand sie
die Ursache ihrer Liebe zu Rucki:
Der
Rucksack sah nicht nur aus wie eine DDR-Kraxe, er war/ist eine
DDR-Kraxe! Nur eine Portion kleiner!✷
Emme
mußte am Vorderteil Stoff ersetzen, dazu benutzte sie Reste der
Plastik/Plaste-Jacke ihres Bruders. Alle Stoffteile wurden, so gut es ging,
abgezackelt, um weitere Auflösungserscheinungen zu verhindern. Alle
erreichbaren Nähte wurden nachgenäht. Das dauerte lange und war
friemelig. Am Ende baute Emme das Metallgestell wieder ein.
Ein neues Leben für einen Rucksack, fast 30 Jahre nach dem Untergang des Landes, in dem er hergestellt wurde.
Rucki
können wir also wieder mit an die Costa Brava nehmen.
O
toll, Emme! Fahren wir da wieder hin?
Angemeldet
sind wir beide.
Auf
zu neuen Abenteuern! Hoffentlich geht unterwegs nichts kaputt!
Euer
Hase
Verlinkt bei Valomeas lustiger Reparaturaktion „Reparieren von 12 bis 12“.
✷Pouch
ist ein kleiner Ort an der Goitsche. Emme und ich sind in den letzten
Jahren zigmal dort durchgefahren. Erst bei der Recherche für diesen
Artikel haben wir erfahren, daß hier tatsächlich die berühmten
Faltboote der Marke Pouch hergestellt wurden/werden. Alle Paddler in
Ost und viele Paddler in West waren auf einem „Pouch“ unterwegs.
Auch Emme und ihr Bruder in der Feldberger Seenlandschaft.
Daß
die Firma noch existiert, ist fast ein Wunder. Wir müssen da mal
gucken gehen!
Ja,
das wäre schön!
Was für eine schöne Reparatur-Geschichte! Man darf bei solchen Sachen ja nicht darüber nachdenken, wieviel Zeit sie brauchen - da ist jede Minute eine Ivestition in die Erinnerung.
AntwortenLöschenEs war sehr schön, darüber zu lesen, denn auch ich habe noch im Geist die DDR-Kraxe auf dem Rücken.
LG
Elke