Mittwoch, 21. November 2018

Im Juli im Museum: Urlaub in der DDR


Diese Ausstellung war in der Festung Senftenberg zu sehen, die unterhaltsam zwischen Nostalgie und Wissensvermittlung schwankte. Einiges haben wir wirklich nicht gewußt, andere Dinge schon völlig vergessen.
Wir erfuhren einiges zur Gründung des „Reisebüros der DDR“, wohin die Reisen gingen und auch, was sie kosteten.




Wie wärs mit einem Stickkurs in Bulgarien?
Ein Deja-vu war dieser Antrag auf eine Reise mit Jugendtourist, den hat Emme nur einmal gestellt.



Und nach ihrer Reise nach England war sie der Meinung, daß ihr nie, nie wieder so etwas zustehen würde. Andere sollten auch eine Chance haben.
Emme, Du warst aber bescheiden. Oder selbstlos?
Ich weiß nicht, Hase. So habe ich halt gedacht. Außerdem war ich ja dann bald junger Werktätiger. Da hätte ich dann mit dem FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund) reisen können.
Der FDGB-Feriendienst bot sehr preiswerte Reisen an. Man mußte nur eine ergattern. Jeder größere Betrieb hatte ein Ferienheim oder eine andere Erholungseinrichtung. Emme machte als Kind Urlaub auf dem Campingplatz, denn die „Volksbildung Dresden-Mitte“ hatte drei Zelte in Mecklenburg aufgebaut. Der Zeltplatz lag idyllisch irgendwo in der Feldberger Seenlandschaft und schon damals gab es dahin keinen öffentlichen Nahverkehr. Emme glaubt, daß die Familie mit dem Pferdewagen irgendwie den Zeltplatz erreichte, aber genau weiß sie das nicht mehr.
In der Ausstellung konnte sie mir zeigen, was zu einer ordentlichen Campingausrüstung gehörte. Hier war natürlich alles zu sehen, aber Emme meinte, ihre Familie wäre mit weniger als einem Drittel dieses Krams ausgekommen. Fernseher waren beim Camping eher verpönt, im Urlaub sollte man doch im wahrsten Sinne des Wortes „abschalten“.

Schön war auch die Abteilung über Kinderferienlager, daran hat Emme (fast) nur gute Erinnerungen. Auch die Ferienlager wurden über die Betriebe der Eltern organisiert. Später reiste Emme aufgrund ihrer künstlerischen Ambitionen mit der Pionierorganisation. Dort erhielt sie keine wenig politische Schulung. Erstens war keine Zeit wegen Training und Proben und zweitens wollten alle in der Freizeit baden gehen. Einmal sollte ein großer Appell stattfinden. Da entdeckten einige Kinder im benachbarten Wäldchen Fundmunition, die Bombenentschärfer kamen und alle Versammlungen fielen aus. Da war auch niemand traurig.
Sehr lustig fanden wir eine Vitrine über einen DDR-Urlaubs-Skandal. In einer großen Wochenzeitung war eine Ferienwohnung inseriert worden. Wer sich dort meldete, bekam ein hektographiertes(!) Merkblatt. Der Besitzer wünschte sich von seinen Urlaubern, sich ungefähr dreibTage am Ausbau des Hauses zu beteiligen. Er bevorzuge deshalb Handwerker als Hausgäste. Nach bösen Leserzuschriften schritten die Rechtsorgane ein. In einem Prozeß konnte man dem Mann nicht viel nachweisen, er mußte nur die Steuern der ungenehmigten (und unüberwachten) Vermietungen nachzahlen. Wie das Häuschen heute aussieht, ist nicht bekannt.
Emme, wir könnten ja mal hinfahren und Fotos machen!
Hase, ja, könnten wir…
Ergänzt wurde die Ausstellung durch dieses fetzige Faltboot, mit einem dieser Bauart war auch Emme auf den Mecklenburger Seen unterwegs. Wer das nötige Kleingeld und Erfahrung hatte, konnte es mit Motor und Segeln aufpeppen. (Emme hat jemanden gefragt, der was davon versteht: der Motor kostete 1200,- Mark.) Emme und ihr Bruder hatten nur Paddel und das Boot war geliehen. Ging auch.

Warum gibt es diese Ausstellung in Senftenberg? Hier sollte, wenn es nach der Partei- und Staatsführung gegangen wäre, eine zweite Ostsee entstehen. Die Tagebaulöcher nach der Braunkohlegewinnung werden ja noch heute geflutet. Doch schon in den 70er und 80er Jahren verbrachten die ersten Urlauber hier am Senftenberger See ihre Ferien. Hundert Meter weiter wurde Kohle abgebaut. Hier ist das Zitat von einer Urlaubskarte: „Hier ist es sehr schön, wenn nur der Dreck nicht wäre!“
Eine tolle Ausstellung mit viel Erinnerungswert. Und im Rahmenprogramm konnte man in einer schönen Sommernacht eines der „Sieben Wunder der DEFA“ genießen:
Ich wünsche allen einen schönen Urlaub!
Euer Hase

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