Sonntag, 17. Dezember 2017

Conversation Book


Ein echtes Fundstück ist Emmes Conversation Book, das sie fand, als sie nach einem unbeschriebenen Notizbuch suchte (wegen Aufbrauchen und so...).


Als Schülerin fiel ihr der Einstieg in die englische Sprache sehr, sehr schwer. Außerdem war sie stinksauer, weil es keinen Französisch-Unterricht gab. Deshalb ist es sehr erstaunlich, mit welcher Sorgfalt sie diese Büchlein geführt hat.


Mit Zeichnungen,


mit Ausspracheregeln


und Vokabeln, von denen Emme gaaaanz sicher ist, daß sie sie nie im Unterricht gehört hat: rolls, bike, letter box, tyre, Labour exchange, frontier, English money, case,



Wie geht dieses Spiel?


Spannend wirds bei sozialen Themen. In der Thatcher-Ära waren die Nachrichten (zumindest die, die hier ankamen) aus Großbritannien eher gruselig: Privatisierung um jeden Preis, Minenschließungen und Bergarbeiterstreiks.


Die Landeskunde ist, wenn man das heute liest, gar nicht so schlecht gewesen.







Es gab natürlich auch Lektionen über die kleine graue Republik,




und Emme hätte nie gedacht, diese Phrase hier zu finden:


Ein wenig Völkerfreundschaft. Nicht zuviel, sonst wären wir auf die Idee gekommen, da auch mal hinfahren zu wollen.


Sozialistische Erziehung fand auch statt:


Der Stundenplan eines polytechnischen 7. Klässlers war ganz schön lang.



So viele Möglichkeiten, über das Wetter zu reden. Behämmert, was?


In der Mitte des Buches erscheinen unendlich viele Seiten Grammatik,


und von hinten nach vorn Liedtexte  


und Wortspiele


Weil Emme ab und zu krank war, kopierte auch manchmal jemand etwas für sie. Die Schrift sieht aus wie von Kerstin.


Ja, so sahen in den 80er Jahren Kopien aus! Handgeschrieben! Wie all die Jahrhunderte zuvor! Es gab zwar schon Blaupausen, aber jede einzelne mußte angemeldet werden, damit man nichts Verbotenes vervielfältigt.

Exkurs
Ihren ersten echten Kopierer sah Emme im Februar 1988 in der Amerikanischen Bibliothek der US-Botschaft in (Ost-)Berlin. Sie war gleichermaßen irritiert und entzückt, als der Bibliothekar fragte: „Nun seien sie mal ehrlich, wieviele Kopien brauchen sie denn?“
Der Kopierer ratterte und Emmes Abschlußarbeit fürs Studium war gerettet. Für diese Hilfe- ein kleiner Schritt für den Botschaftsmitarbeiter, aber ein großer Schritt für das Ostmädchen- ist Emme bis heute zutiefst dankbar.
Ihr merkt also, beim Schmökern in Fundstücken kommen viele alte Erinnerungen hoch.
Ende Exkurs

Einmal im Jahr wurden alle Conversation books eingesammelt und bewertet. 



Wichtig: Eine Ermahnung darf nicht fehlen! Und die Unterschrift des/der Erziehungsberechtigten.
Na ja, der Englischunterricht hat jedenfalls nicht geschadet. Außer in Spanien und Frankreich ist Emme (und sind später wir gemeinsam) damit glänzend durch die Welt gekommen.
Hier nun ein verspäteter Dank an Mr Jähnig, den unermüdlichen Englischleher. 

Diesen Witz hat er leider nie verstanden, aber passend zur Jahreszeit schreibe ich ihn auf:
Was sagt ein Sachse auf dem Londoner Weihnachtsmarkt?
- Ä Dännschen, please.

Fehler gefunden?

Zum Schluß zitiere ich einen Klassenkameraden von Emme: „Wer von Mr Jähnig kein Englisch gelernt hat, lernts nimmermehr.“ 

Yours
Mr Rabitt

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