Da Emme sich nicht vorstellen konnte, wie das
Reformationsfest auf dem Dresdner Neumarkt aussehen soll, gingen wir hin.
Die städtebauliche Kulisse ist ja toll. Die schöne
Kuppel der Frauenkirche im Abendlicht und dazu das Lutherdenkmal- evangelischer
gehts nicht.
Wir kamen gerade in dem Augenblick an, als das
Reformationsbrot auf dem Pferdewagen gebracht wurde. Zu Emmes Enttäuschung
handelte es sich dabei um eine Nachbildung aus Pappmaché. Ein etwas kleineres,
dafür eßbares, durften der Herr Bürgermeister und ein anderer Herr auf der
Bühne anschneiden. Weil die Tontechnik nichts hergab, wissen wir nicht, wer der
andere Herr war.
Der Rest des Brotes sollte verkauft werden. Dann
verstand Emme mit ihren tauben Ohren nur noch etwas von Wüstlingen, wurde aber
von den Umstehenden korrigiert: auf der Bühne sprach man von Flüchtlingen. Was
aber mit den Flüchtlingen war, konnten die Besserhörenden auch nicht verstehen.
Wie schon oben geschrieben, die Tontechnik gab nichts her. (Später lasen wir in
der Zeitung nach: Die Einnahmen für die verkauften Reformationsbrötchen soll
eine evangelische Gemeinde in Griechenland erhalten, die sich um Flüchtlinge
kümmert.) Emme wollte ein Stück Reformationsbrot kaufen und hätte auch mit
einem Brötchen vorliebgenommen. Wir liefen den ganzen Neumarkt ab, fanden aber
den Verkaufsstand nicht. Bekannte haben sogar zweimal alles abgesucht und sind
auch hungrig nach Hause gegangen.
Dazu sang ein Gospelchor „Oh Happy Day“. Nichts gegen
Gospel, aber: Herr Luther gilt auch als Reformator der deutschen Sprache, das
war den Festorganisatoren wohl gerade entfallen. Und ehrlich: Deutsche sollten
keine Gospels singen, wenigstens nicht in der Öffentlichkeit. Klingt nicht,
klappt nicht und es fehlt das gewisse Etwas. Hart gesagt: Das ist nicht unsere
Kultur.
Hinterher gab es eine Art Comedy eines Herrn mit
britischem Akzent. Dieser Auftritt sollte wohl die Internationalität des
Ereignisses betonen. Niemand hat gelacht.
Die Zelte auf dem Festgelände waren sparsam
eingerichtet, man konnte sich über die Arbeit der Diakonie informieren, über „Kirche
mit Kindern“ (diesmal ohne Bierwerbung) und Musik. Zwei kleine Jungs klimperten
unmotiviert auf einem Xylophon herum. Es gab ein Gemeinschaftsspiel, das nicht
funktionierte. Weil niemand mit dem anderen redete oder anders kommunizierte.
Darüber amüsierte sich Emme prächtig.
Alles in allem: kein Fest, sondern eine Aneinanderreihung
träger Aktivitäten. Der "Seifenblasenmann", der gar nicht dazugehörte, stahl allen die Show. Und vielleicht sind seine Schaumschlägerei und die daraus entstehenden fragilen Gebilde, die beim kleinsten Hauch zerplatzen, das beste Sinnbild für dieses Fest.
Wahrscheinlich sind wir verwöhnt von den vielen
Dresdner Festen mit ihren unzähligen Angeboten. Für unsere eigenen machen wir
uns Jahre voraus Gedanken. Auch für dieses Reformationsfest hätten wir Tausende
von Ideen gehabt. Wann darf man denn einen Fünfhundertsten feiern?
Den Organisatoren bleibt die Gnade Gottes gewiß
und die irdische Gewißheit: Eure Arbeit müßt Ihr schon selber machen!
Ein bißchen angesäuert grüßt Euch
Euer Hase
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