Schon seit langem hatten wir eine Einladung nach
Halberstadt. Hier wird der Advent nach Quedlinburger Vorbild in den
verschiedenen Höfen der Unterstadt gefeiert. Und das war sehr schön!
Wenn sie es nicht selbst erlebt hätte, hätte Emme den
Halberstädtern niemals die Initiative und Energie für die Durchführung eines
solchen Ereignisses zugetraut. Es gab sogar ein kleines Faltblatt, auf dem alle
Teilnehmenden aufgeführt waren. Es gab 24 Stationen. Und wenn wir überall einen
Glühwein getrunken hätten, wäre das Erwachen am nächsten Tag ein gruseliges
gewesen.
Wir begannen unseren Rundgang auf dem Fischmarkt, dort
war der traditionelle Weihnachtsmarkt aufgebaut. Freß- und Trinkbuden, ein Karussell, eine Losbude, nichts Besonderes.
Der städtische Weihnachtsbaum steht eine Gasse weiter,
auf dem Holzmarkt. Der Markt ist gähnend leer und der Baum verdeckt
geflissentlich den größten freistehenden Roland, den es in Deutschland gibt. Er
ist das Symbol für das Stadtrecht und ein Tourist könnte zufällig danach suchen, aber
das muß doch niemand sehen!
Auch auf dem Domplatz waren ein paar Büdchen aufgebaut
und ein Akkordeon-Orchester bemühte sich, mit deutschem Temperament fröhliche
Weihnachtsmusik zu spielen. In einem Turm des Domes brannte eine der Laternen, die
einst dem Domherren den Weg durch eine stürmische Nacht nach Hause gewiesen hatten.
Dann begann unser Sturm auf die Höfe. Wir besuchten
den Kreuzgang der Liebfrauenkirche. Hier warben diverse Fördervereine für ihre
Arbeit.
Der Intendant des Theaters schänkte höchstpersönlich Glühwein aus. Ein
Entwicklungshilfe-Projekt bot tolle afrikanische Stoffe an. Ich klopfte Emme
auf die Finger und schrie: „Absolutes Stoffkaufverbot!“
Der alte Kreuzgang hat seinen eigenen Zauber und Emme
träumt -wie seit zwanzig Jahren- immer noch davon, hier einmal ein großes
Passionsspiel aufzuführen…
Weiter ging es durch neugestaltete und alte Höfe. Am
Grudenberg schwatzte Emme erst mal mit neuen und alten Bekannten. Unsere
Begleiter froren unterdessen. Im Antikladen trafen wir diesen lustigen alten
Herrn Bär.
Ich dachte, jetzt gibt’s Glühwein, aber alle zogen
weiter. Die Synagoge ist tatsächlich „auferstanden aus Ruinen“.
Nach einem
(unfreiwilligen) Exodus in den 30er Jahren und Deportationen gab es im
Halberstadt der 80er Jahre kaum noch Juden. Jetzt ist die Synagoge Konzert- und
Veranstaltungsraum, es gibt eine Bibliothek und eine kleine Ausstellung mit
Judaica.
Dann zeigten die Gastgeber und die Grauen Höfe, die zu
Emmes Wohnzeiten in Halberstadt völlig verfallen waren.
Irgendwann gab es endlich eine Glühweinpause und Emme
wollte an einer Tombola („Jedes Los gewinnt!“) teilnehmen. Ein netter und
schlauer Herr riet ihr aber davon ab, denn sonst hätte Emme wahrscheinlich
einen der selbstgehäkelten Topflappen in einer exotischen Farbe nach Hause getragen. Das
wäre dann der Nachschub für Weg damit! 2018 gewesen. Naja, da hat sie das
Loskaufen eben gelassen.
Im Martineum sang der Schulchor und die jungen Leute
verkauften Waffeln.
Der Höhepunkt war im wahrsten Sinne des Wortes der
Aufstieg auf einen der Türme der Martini-Kirche.
Ein guter Geist mit noch
besserer Kondition hatte Glühwein nach oben getragen. Der Türmer las
Geschichten vor.
Und die Sängerinnen und Sänger von Elsa K. trugen mit
Engelsstimmen Lieder vor, bis uns die Füße anfroren. So konnte Emme ihr
Lieblings-Weihnachtslied mit Blick auf den 1000jährigen Dom genießen und uns
allen ging „ein Leuchten durch die Herzen“.
Emme, fahren wir da wieder hin?
Hase, hat es Dir nicht gefallen?
Doch!
Klar fahren wir da wieder hin!
Leuchtende Glühweingrüße!
Euer Hase
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