Sonntag, 22. März 2015

Leipzig oder: Was wir am Feierabend tun


Am Sonnabend waren wir in Leipzig. Emme und die beste Köchin der Welt wollten auch mal zu einer Demonstration gehen. Und da es hier um ein sehr ernstes und wichtiges Problem geht, schreibt jetzt Emme weiter.
Euer Hase


Liebe Leser,
manche von Euch/ von Ihnen wissen, daß ich Physiotherapeutin bin. Ein schöner und schwerer Beruf, der von unseren Patienten hoch und von der Politik gar nicht anerkannt wird. Während der Therapien sind wir Physios, Lastenträger, Psychotherapeuten, Ankleider, Berater und Kummerkasten. Nachher Computerexperten, Sekretärin, Abrechnungsstelle, Antragsteller und Inkassounternehmen für die Krankenkassen. Wir werden schlechter bezahlt als Kranken- und Altenpfleger, was nicht daran liegt, daß unsere Chefs es uns nicht gönnen. Nein, sie können uns nicht besser bezahlen, weil unsere Arbeit von den Krankenkassen zu gering vergütet wird.
Ist auf auf einem Rezept auch nur ein klitzekleines Kreuzchen falsch, darf die Krankenkasse die Bezahlung des Rezeptes verweigern. Das heißt, für die Fehler des Arztes oder seiner Mitarbeiter stehen die Therapeuten gerade.
Wenn es nach den Gesundheitspolitikern geht, soll zukünftig noch mehr an uns und unseren Patienten gespart werden, während die Pharmaindustrie wächst und gedeiht. Sinnlose Untersuchungen und Krankenhausaufenthalte werden ohne mit der Wimper zu zucken finanziert. Die Folgen von Schmerzmittelmißbrauch werden aufwändig und über Jahre psychotherapeutisch behandelt. Vielleicht hätte es auch Physiotherapie im richtigen Moment getan?
In der Heilmittelverordnung werden wir nicht als Therapeuten bezeichnet, sondern als "Heilmittelerbringer". Das Wort Erbringer steht nicht einmal im Duden. Wir sind schon so abgestumpft, daß wir uns noch nicht einmal gegen eine solche abwertende und depersonalisierende Bezeichnung gewehrt haben.
Nebenbei solltet Ihr/ sollten Sie erfahren, daß wir im 24. Jahr nach dem Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland noch immer im Osten schlechter bezahlt werden als im Westen. Ob nun der Ost-Therapeut oder der Ost-Patient weniger wert ist, darf jeder sich selbst aussuchen.
Deshalb demonstrierten wir am Sonnabend durch die Leipziger Innenstadt und machten auf unsere Situation aufmerksam. Es kamen 1000 Therapeuten aus dem ganzen Land zusammen. Politiker ließen sich nicht blicken. Warum auch?
Und warum am Sonnabend? Weil wir uns einen Tag Arbeitsausfall nicht leisten können, denn am Monatsende wollen wir wieder unsere selbstverdiente HartzIV-Ration im Geldbeutel haben...(Und ich kann dem Hasen eine Möhre kaufen.)
Nun ein paar Eindrücke von der Veranstaltung auf dem Leipziger Rathausplatz:






Wenn Ihr/Sie uns oder Euren/Ihren Therapeuten unterstützen wollt/wollen, schreibt/schreiben Sie an Eure/Ihren Abgeordneten. Nur die Politiker können die Krankenkassen zwingen, in neue Vertragsverhandlungen zu treten. Freiwillig werden weder Politiker noch Krankenkassen so etwas tun.

Ein schönes Wochenende
Eure/Ihre Emme

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