Mittwoch, 5. April 2017

Brauchen Maoris Schneeschuhe?



Offensichtlich, denn wir haben dies im Museum gefunden:

 

Emme, vielleicht schreibst Du weiter, wir begeben uns doch ein bißchen auf Zeitreise in Deine Vergangenheit.
Na gut, Hase.

Liebe Leser,
was wolltet Ihr werden, wenn Ihr mal groß seid? Klar, jeder Dresdner will im Laufe seiner Kindheit einmal Straßenbahnfahrer werden. Auf meiner Wunschliste stand auch Kosmonaut(in). Aber dafür mußte man zur Armee gehen, das ging gar nicht. Die Idee, als Archäologin alte Städte ausgraben zu können, kam durch diverse Literatur.
Dann gab es 1977 die Ausstellung „Völker der Sowjetunion“ im Völkerkundemuseum in Dresden. Daß dies die erste Ausstellung dieses Museums überhaupt war, erfuhr ich erst am vergangenen Wochenende. 
Damals wurde unsere Schulklasse hingeschickt und wir erfuhren etwas über die Tschuktschen. Ein kleines Völkchen im Norden Sibiriens, das gastfreundlich Ethnologen die Türen geöffnet hatte und so überhaupt erforschbar wurde. Denn wenn man im ewigen Eis nicht zusammenhält, kann man nicht überleben.
Damals kam ich auf die glorreiche Idee, Ethnologin zu werden. Ich wollte durch die Welt reisen und immer Neues kennenlernen, und spannend klang das Ganze auch.
Dann trieb mich die Leidenschaft zu einem Beruf, den man nur wenige Jahre ausüben kann. So verzichtete ich auf Abitur und den dazugehörenden Schnickschnack (Ist die Erziehung gut genug? Die Eltern möglichst proletarischen Ursprungs? In der richtigen Partei? Oder prominent? Will der künftige Oberschüler Pädagoge werden? Oder meldet er sich freiwillig für eine Laufbahn in der NVA? etc.) Außerdem gab es kaum Studienplätze und wer weiß, wohin mich mein treusorgender Staat geschickt hätte. So mußte die Bundesrepublik Deutschland in den neunziger Jahren eine arbeitslose Ethnologin weniger verkraften.
Natürlich blieb und bleibt das Interesse an völkerkundlichen Themen. Zur Zeit sind die Sammlungen weltweit im Umbruch. Einerseits existieren Rückgabeforderungen der Völker und Staaten, wenn zum Beispiel durch eine Ausstellung bekannt wird, was in den Sammlungen existiert. Andererseits verbergen Kuratoren ihre Ausstellungsstücke im Depot. Das führt dann zu Rückgabeforderungen, denn was nicht gezeigt wird, wird nicht gebraucht. Für die Museumsmacher heißt es schlußendlich: Wie man 's macht ist 's falsch. Das vor allem die Völkerkundemuseen weltweit eine enorme konservatorische Leistung vollbringen, ist eher nebensächlich. Und daß sie völkerverbindend arbeiten, in dem sie Verständnis für andere Lebensweisen, Traditionen, Weltanschauungen und Religionen wecken.
Das „Humboldt-Forum“ im alten-neuen Berliner Schloß will da zukünftig völlig neue Wege gehen. Nur hat leider niemand eine Vorstellung davon, wie die aussehen sollen.
Kommen wir wieder nach Dresden. Hier tickt die Uhr anders- das ist doch mal eine spannende Untersuchungsidee für Ethnologen. Seit x Jahren ist bekannt, daß das Japanische Palais restauriert werden soll. Der Direktor ging in Rente. Und plötzlich- keiner konnte es vorher ahnen- stand das Museum für Völkerkunde da: ohne Räume, ohne Leitung, mit vollen Depots und ohne Konzepte, wie es weitergehen soll. Huch!
Es fand sich eine neue Direktorin für die Staatlichen Ethnographischen Sammlungen, der jetzt drei Museen unterstehen (Museum für Völkerkunde Dresden,GRASSI Museum Leipzig und Völkerkundemuseum in Herrnhut.) Jetzt soll Nanette Snoep mal bitte schnell was machen und möglichst bis gestern sensationelle Ausstellungen in nicht vorhandenen Räumen zeigen. Ich bin ja immer wieder überrascht, wie naiv die Entscheider in solchen Dingen sind. Wer sind die überhaupt?
Frau Snoep (oder ihr Team?) kam auf die Idee der „Prologe“. Jeden Monat gibt es eine Ausstellungseröffnung. Alles begann im Dezember mit Kisten, die malerisch herumstehen.


Aus den Kisten erklingen Stimmen: Kichern, Brummen oder Jammern. Einige Besucher fanden es gruselig, auf jeden Fall machen die Geräusche Lust aufs Auspacken und Nachschauen, welche Schätze sich hier wohl verbergen.


Andere Prologe widmen sich der ethnologischen Arbeit,


der Konservierung


und den Sammlern.


Ganz spannend ist die Lebensgeschichte von Hellmuth Theumer (1894- 1983) aus Chemnitz.  Der Zahnarzt war Privatsammler religiöser asiatischer Kunstgegenstände. In seiner Freizeit widmete er sich der Illusionszauberei. In seiner Jugend war er Mitglied im „Weltbund der Illuminaten“. Von diesen wandte er sich ab und wurde Buddhist. Als Gegner jeglichen Aberglaubens wirkte er als „Gerichtgutachter in Fällen von Fernhypnose, Hellseherei und medialen Jenseitskontakten“. Nach seinem Tod wurde seine hochkarätige Sammlung wegen angeblicher Steuerschulden konfisziert. Ein hollywoodreifes Leben!


Die neueste Installation fragt doch glatt mal nach, wer eigentlich die Menschen sind, die auf unzähligen Fotografien festgehalten sind.


Bernhard Struck sammelte Fotos und Zeitungsartikel mit Portraits. Keiner weiß, warum. Was wollte er damit dokumentieren? Wollte er wirklich die Überlegenheit der weißen Rasse beweisen? Hier sage ich mal: eine Straßenbahnfahrt am Abend quer durch die Stadt beweist das Gegenteil.
Ergänzt werden die „Prologe“ durch ein geheimnisvolles Kabinett mit Skulpturen und Masken aus aller Welt.


Kunstvoll beleuchtet treten sie aus dem Dunkel hervor und scheinen eher den Betrachter zu betrachten.


Das alles und demnächst mehr gibt es zu sehen im Japanischen Palais, Eintritt frei.
Eure Emme

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen