Freitag, 25. Januar 2019

Albanien Teil I: Im Land der Skipetaren


Ab und zu habe ich schon über sie geschrieben: Emmes Großeltern. Die waren „fortschrittliche“ Leute, hatten ihr Häuschen mit Hellerauer Möbeln und Stoffen á la Bauhaus eingerichtet, sie zogen in ihrer Jugend durch die Lande, malten und sie trennten sich 1933 von ihren Lehrern, als diese zu nationalsozialistisch auftraten. Sie wurden relativ spät Eltern (wie auch schon ihre Eltern) und das setzt sich nun durch Generationen fort.
Natürlich nahmen sie auch Einfluß auf die Literatur, die ihre Töchter zu lesen bekamen. Richtig verboten waren „Nesthäkchen“-Romane und alles von Karl May. Das war in den Augen der Großeltern Schundliteratur. Deshalb las Emmes Mutter heimlich unter der Bettdecke die Geschichten von Winnetou und Kara Ben Nemsi und träumte von großen Abenteuern. (Wo auch immer sie die Batterien für die Taschenlampe hernahm…)
Als es nach der Wende Karl-May-Bücher einfach so und für jedermann zu kaufen gab, erwarb Emmes Mutter eine Gesamtausgabe. Sie fuhr nach Amerika und in den Orient. Und sie weiß, was eine Aleppo-Beule ist. Sie war aber noch nicht im Land der Skipetaren. (Welches im Allgemeinen unter dem Namen Albanien bekannt ist.) Jahrelang wich sie diesem Reiseziel aus (Armut! Verbrecher! Albanische Mafia! Gefährlich!). Seit kurzem entdecken die deutschen Reiseveranstalter Albanien als schönes und sehr preiswertes Reiseland. Aber Emmes Mutter ist älter geworden und stets war bei der Buchung einer Reise angeschrieben: „Diese Reise ist nicht für Reisende mit Mobilitätseinschränkungen geeignet.“ Der Frust war groß und Emme entschied, auf eigene Faust nach Albanien zu reisen. Dann dauert alles eben ein wenig länger. Dann können wir eben nicht alles sehen.
Und so packten wir unsere Sachen und flogen in nur zwei Stunden auf den Balkan: Emme, Emmes Mutter, Herr Teddi und ich.
Und was haben wir nicht alles gesehen: Berge, Berge und Berge,

Albanische Alpen


Meer 

Ksamil


und ein tolles Land im Wandel. Fleißige und gastfreundliche Menschen. Sehr gut angezogene Frauen. Natürlich sind die Ehrlichen die Dummen, die werden nirgends auf der Welt Millionäre. Es gibt überall WLAN. Älteren Menschen gefallen auch die vielen Werkstätten, weil vieles gebraucht gekauft und alles repariert wird. Es gab Werkstätten für Bäder, für Küchen, für Autos, für Motoren, Schneidereien und Kaffeeröstereien, Reparatureinrichtungen für Dunstabzüge, also für alles, was man sich vorstellen kann.
Wir haben hervorragend gegessen. Wir haben albanischen Wein getrunken. Leider ist es schwierig, albanische Lebensmittel im Laden zu kaufen. Das Angebot wird von italienischen Produkten und Lebensmittel-Weltkonzernen beherrscht. Brot, Gemüse und Käse aus Albanien kann man aber auf dem Markt oder in Spezialläden problemlos für wenig Geld erwerben.



(In den 90er Jahren gab es hier auch kaum noch Dinge aus heimischer Produktion. Das Westzeug war glibberig, viel zu süß und geschmeckt hat es auch nicht. Das hat sich in Ost-Deutschland zum Guten gewendet, das wird auch in Albanien so sein.)
Frauen, die auf der Suche nach sehr günstiger Designermode sind, werden in den vielen Zweite-Hand-Kleiderläden fündig werden. Dort kann frau vor allem Kleider erwerben, die italienische Frauen nicht mehr tragen. Die Läden gibt es in jeder kleineren Stadt, ein bißchen suchen muß man schon. Was aber die Freude umso größer macht.



Das größte sichtbare Problem sind die wilden Müllhaufen. Das eigene Grundstück wird gewienert und geputzt bis zum Umfallen – und der Kehrricht über den Zaun gekippt. Aber wir denken, daß sich das bald ändern wird. Beim Bäcker haben wir schon diesen Hinweis gefunden:



Und der Verkäufer schwor, dies nicht aus Geiz zu tun, sondern damit die Leute nicht alles achtlos wegwerfen. Leute, es wird!
Albanien ist ein sicheres Reiseland. Nur Herr Teddi hatte zu leiden. Denn er wurde in einer Herberge aus dem Zimmer entführt und später wohlbehalten und grinsend in der Spielzeugkiste im Gemeinschaftsraum aufgefunden. Deshalb gibt er jetzt gern mit seinen Reiseabenteuern an.
Wer also ehrlich ist und deshalb kein Millionär, der reise ins Land der Skipetaren. Ihr könnt wandern und baden, Zeitreisen von der Antike bis in die Moderne machen und erfahren, wie es ist, als Gast von Haus zu Haus weitergereicht zu werden.


Butrint

Und wie war die Reise mit der mobilitätseingeschränkten Mutter? Alles dauerte tatsächlich viel länger. Aber wir bekamen von Reisegruppenteilnehmern immer wieder zu hören: „Sie habens gut. Sie haben Zeit!"
Nehmt Euch Zeit!
Euer Hase

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen