Sonntag, 9. November 2014

25 Jahre


Lugo 2010

Heute übergebe ich das Wort an Emme, denn vor 25 Jahren war ich noch nicht genäht.

Liebe Leser,
wer vor 25 Jahren schon auf der Welt war, weiß wohl sehr genau, was er am Abend des 9. November 1989 getan hat.
Ich wohnte damals im Harz (Grenzgebiet!) und saß mit einem lädierten Knie vor dem Fernseher. Ich schaltete immer zwischen den Sendern aus Ost und West herum, und sah live die legendäre Pressekonferenz, auf welcher die Maueröffnung verkündet wurde. Mit seinem fliegenden Zettel hatte Herr Schabowski seine erste und einzige Sternstunde, aber er wird mir unvergeßlich bleiben. Ich wollte sofort mit dem Nachtzug (ja, so etwas gab es damals noch!) nach Berlin fahren, aber ich war krankgeschrieben und traute mich nicht. Das Tanzen auf der Mauer hätte dem Knie nicht wirklich gut getan...
Da die Zeiten wirr und chaotisch waren, bemühten wir uns tatsächlich am nächsten Tag gemeinsam mit Hunderten um ein Visum, denn offiziell war der Grenzübertritt noch illegal.

 

Und am Montag reisten wir in völlig überfüllten Zügen und Bussen an die niedersächsische Grenze, um nach Stapelburg zu gelangen. Wir waren so verblüfft, daß wir nicht einmal eine Kamera mitnahmen. Es gibt dadurch keine Beweisfotos. Grenzer wiesen uns den Weg über schlammige Felder, und heute wird mir im Nachhinein schlecht: das war der Todesstreifen und überall gab es Selbstschußanlagen. Plötzlich standen wir an einer Straße und waren im Westen. Ein netter Mann lud uns in ein Auto und brachte uns in die nächste Kleinstadt: nach Goslar. Lieber unbekannter Autofahrer, wenn Sie das heute lesen: nochmals vielen, vielen Dank! In der Stadtverwaltung erhielten wir 100 DM Begrüßungsgeld. Dieser Stempel ist der Beweis:


Wenn man das heute betrachtet, sieht das sehr improvisiert aus.
Was ist vom ersten Westbesuch in Erinnerung geblieben? Alles war bunter und es roch anders. Alle, die sich an diese Zeit erinnern, erzählen von dem anderen Geruch, aber irgendwie kann den keiner beschreiben.
Im Zuge der kulturellen Bildung besichtigten wir die Kaiserpfalz, zu der wir als Brüder und Schwestern aus dem Osten freien Eintritt erhielten. Der Führer gab sich viel Mühe, aber die Besucher waren mit anderen Gedanken beschäftigt. Und zu meinem Entsetzen stellte ich fest, daß wir in Sachen mittelalterlicher Geschichte und deutscher Sagen besser Bescheid wußten, obwohl wir gemeint hatten, das nie richtig gelernt zu haben...
Abends liefen wir im Dunkeln wieder über ein (anderes) schlammiges Feld, ein (anderer) Grenzer machte eine Strichliste, um zu zählen, wieviele Leute wieder nach Hause gingen.

Nun begann die schönste Zeit der Wende, alles war verrückt, neu und unheimlich spannend. Noch wußten wir nicht, daß wir in acht Monaten neues Geld haben und in elf  Monaten in einem anderen Staat erwachen werden.
Wenn in den letzten 25 Jahren auch nicht alle Träume in Erfüllung gingen, wir hatten viele Chancen, konnten reisen, die Welt kennenlernen und die folgenden Bilder wären ohne Mauerfall nie enstanden:

NYC 2008

Timbuktu 2012





Santiago de Compostela 2010

Das Schlußwort darf dann noch einmal Herr Hase übernehmen.
Eure Emme

Ja schade, daß ich diese aufregenden Zeiten nicht miterleben konnte. Aber ohne Mauerfall hätte ich, der Hasenjunge aus dem Badischen, dieses Mädchen aus dem Osten niemals kennengelernt und kaum so viele Abenteuer erlebt!


Spanien 2010 Foto: Noel


Emme, fahren wir mal wieder nach Spanien und nach Afrika und nach Amerika?
Ja, Hase. Eins nach dem Anderen.

Die nächsten Abenteuer rufen!
Euer Hase

1 Kommentar:

  1. Hallo Kumpel, Hallo Emme, *schnief* ich habe es auch nicht miterlebt und meine Teffi überlegt und überlegt schon seit Tagen, ob sie am 10.11. zur Schule gegangen ist, weil sie war ja erst 9 Jahre und mhm sie weiß es wohl nicht mehr....aber sie hat mir erzählt, dass sie gerade noch Thälmannpionier geworden ist und dann mit einem Mal auch in der Schule alles anders, was sie sehr komisch fand...und sie sagte mir auch, dass ich ohne den Fall der Mauer auch nie bei ihr gelandet wäre und nie die Schweiz hätte kennenlernen dürfen und naja mit Emme und Hase auch nie in Paris gewesen wäre und und und.....
    so ist es sehr gut, dass es so gekommen ist, wie es gekommen ist und auch wir beide dicke Kumpels werden konnten.

    Ein dicker Knutsch an dich und Emme

    Dein Kumpel Teddy

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