Donnerstag, 14. Dezember 2017

Weihnachtshöfe



Schon seit langem hatten wir eine Einladung nach Halberstadt. Hier wird der Advent nach Quedlinburger Vorbild in den verschiedenen Höfen der Unterstadt gefeiert. Und das war sehr schön!
Wenn sie es nicht selbst erlebt hätte, hätte Emme den Halberstädtern niemals die Initiative und Energie für die Durchführung eines solchen Ereignisses zugetraut. Es gab sogar ein kleines Faltblatt, auf dem alle Teilnehmenden aufgeführt waren. Es gab 24 Stationen. Und wenn wir überall einen Glühwein getrunken hätten, wäre das Erwachen am nächsten Tag ein gruseliges gewesen.
Wir begannen unseren Rundgang auf dem Fischmarkt, dort war der traditionelle Weihnachtsmarkt aufgebaut. Freß- und Trinkbuden, ein Karussell, eine Losbude, nichts Besonderes.
Der städtische Weihnachtsbaum steht eine Gasse weiter, auf dem Holzmarkt. Der Markt ist gähnend leer und der Baum verdeckt geflissentlich den größten freistehenden Roland, den es in Deutschland gibt. Er ist das Symbol für das Stadtrecht und ein Tourist könnte zufällig danach suchen, aber das muß doch niemand sehen!
Auch auf dem Domplatz waren ein paar Büdchen aufgebaut und ein Akkordeon-Orchester bemühte sich, mit deutschem Temperament fröhliche Weihnachtsmusik zu spielen. In einem Turm des Domes brannte eine der  Laternen, die einst dem Domherren den Weg durch eine stürmische Nacht nach Hause gewiesen hatten.


Dann begann unser Sturm auf die Höfe. Wir besuchten den Kreuzgang der Liebfrauenkirche. Hier warben diverse Fördervereine für ihre Arbeit. 


Der Intendant des Theaters schänkte höchstpersönlich Glühwein aus. Ein Entwicklungshilfe-Projekt bot tolle afrikanische Stoffe an. Ich klopfte Emme auf die Finger und schrie: „Absolutes Stoffkaufverbot!“
Der alte Kreuzgang hat seinen eigenen Zauber und Emme träumt -wie seit zwanzig Jahren- immer noch davon, hier einmal ein großes Passionsspiel aufzuführen…


Weiter ging es durch neugestaltete und alte Höfe. Am Grudenberg schwatzte Emme erst mal mit neuen und alten Bekannten. Unsere Begleiter froren unterdessen. Im Antikladen trafen wir diesen lustigen alten Herrn Bär.


Ich dachte, jetzt gibt’s Glühwein, aber alle zogen weiter. Die Synagoge ist tatsächlich „auferstanden aus Ruinen“. 


Nach einem (unfreiwilligen) Exodus in den 30er Jahren und Deportationen gab es im Halberstadt der 80er Jahre kaum noch Juden. Jetzt ist die Synagoge Konzert- und Veranstaltungsraum, es gibt eine Bibliothek und eine kleine Ausstellung mit Judaica.
Dann zeigten die Gastgeber und die Grauen Höfe, die zu Emmes Wohnzeiten in Halberstadt völlig verfallen waren.
Irgendwann gab es endlich eine Glühweinpause und Emme wollte an einer Tombola („Jedes Los gewinnt!“) teilnehmen. Ein netter und schlauer Herr riet ihr aber davon ab, denn sonst hätte Emme wahrscheinlich einen der selbstgehäkelten Topflappen in einer exotischen Farbe nach Hause getragen. Das wäre dann der Nachschub für Weg damit! 2018 gewesen. Naja, da hat sie das Loskaufen eben gelassen.
Im Martineum sang der Schulchor und die jungen Leute verkauften Waffeln.
Der Höhepunkt war im wahrsten Sinne des Wortes der Aufstieg auf einen der Türme der Martini-Kirche. 


Ein guter Geist mit noch besserer Kondition hatte Glühwein nach oben getragen. Der Türmer las Geschichten vor.


Und die Sängerinnen und Sänger von Elsa K. trugen mit Engelsstimmen Lieder vor, bis uns die Füße anfroren. So konnte Emme ihr Lieblings-Weihnachtslied mit Blick auf den 1000jährigen Dom genießen und uns allen ging „ein Leuchten durch die Herzen“.


Emme, fahren wir da wieder hin?
Hase, hat es Dir nicht gefallen?
Doch!
Klar fahren wir da wieder hin!

Leuchtende Glühweingrüße!
Euer Hase

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